19.10.2022

Warum Videopräsentationen die Aufmerksamkeit leiten müssen

Computerbildschirm mit mehreren Teilnehmern bei einer Videokonferenz

Wer regelmäßig Videopräsentationen via Zoom, WebEx oder Microsoft Teams hält, der weiß, dass wichtige Informationen oft nicht bei den Teilnehmenden ankommen. Ablenkungen lauern nicht nur außerhalb des Bildschirms: Frisuren werden gerichtet, der Blick liegt auf anderen Personen, oder ein unscharfes Logo in der PowerPoint Präsentation wird zum Diskussionspunkt im Chat. Die wichtigen Informationen in der Präsentation hingegen fallen unter den Tisch. Warum ist das so?

Wir sehen weniger als wir denken

Das scharf gesehene Zentrum unseres Auges (Fovea) ist etwa so groß wie unser Daumennagel in unserem Sichtfeld bei ausgestrecktem Arm. Der Rest des Sichtfeldes ist unscharf und ohne volle Farbinformation. Wir sehen nur 2° unseres Sichtfeldes scharf und in voller Farbe, der Rest ist nicht deutlich zu erkennen. Deshalb springt unsere Fovea normalerweise 5 bis 7 Mal pro Sekunde über die entscheidenden Elemente im Raum um uns. Des Weiteren bleibt das Auge während Videomeetings zu 2/3 der Zeit auf für die Botschaft unwichtigen Elementen hängen, beispielsweise bei Kolleg:innen oder dem eigenem Spiegelbild.

Wichtige Informationen und Lerninhalte werden also einen Großteil der Zeit bei Videokonferenzen nicht mit dem Fokus unseres Auges und unserer vollen Aufmerksamkeit wahrgenommen. Murnau sagt in Shadow of the Vampire: “Wenn es nicht vor der Kamera ist, dann existiert es nicht”. Genauso ist es mit PowerPoint Folien und allen audiovisuellen Informationen, die wir als Moderierende geben, während unser Publikum mit dem scharfen Zentrum der Augen auf Inseln aus ablenkenden Reizen auf dem Bildschirm gestrandet ist. Wenn wir also einen Vortrag halten, bei dem alle Informationen gleichzeitig auf dem Bildschirm sichtbar sind, dann laufen wir Gefahr, dass der Blick auf allem hängen bleibt, aber nicht aber auf uns und unserer Botschaft. Die Informationen gehen verloren.

Wir denken wir zeigen folgendes Bild:

Was von Teilnehmenden wahrgenommen wird, ist aber beispielhaft folgendes:

Bildschirm Teamscall mit mehreren Teilnehmern und einer Tabelle
Microsoft Teams Call mit mehreren Teilnehmern

Aufmerksamkeit muss gelenkt werden

Für den Erfolg von Filmen und Serien ist es wichtig, dass die gezeigten Szenen entsprechend der Geschichte wahrgenommen werden. Die Zuschauenden müssen also geschickt durch die Szenen geleitet werden. Dabei zeigen Filme und Serien gezielt Bildausschnitte und halten die wichtigen Personen und Objekte im Bild fest, so dass unsere Fovea den Informationen folgt, die für das Verständnis der Geschichte wichtig sind. So eine Art Leitungssystem bieten herkömmliche Tools die zur Videokommunikation genutzt werden, wie Zoom, WebEx oder Microsoft Teams, bisher noch nicht.

Wir erinnern uns an die Geschichte und an die Botschaft von Filmen wie Pixars „Up“. Stellen wir uns vor, die Geschichte wäre in einem Microsoft Teams Meeting gezeigt worden. Wir hätten die beiden älteren Leute gesehen, die eine Präsentation über ihre Entwicklung bis hier hin gezeigt hätten. Wahrscheinlich hätten wir unsere Aufmerksamkeit größtenteils auf für die Botschaft unwichtige Details gerichtet. Wir könnten danach erklären, dass beide animiert sind, dass sie sympathisch wirken, und eine behagliche Wohnung mit schöner Tapete haben. Der Inhalt ihres Vortrags und die emotionale Wirkung, die der Film “Up” bis dahin aufgebaut hatte, wären an uns vorbei gezogen.

Die ersten Filme Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zeigten mit einer statischen Kamera aufgenommene Theaterstücke: immer waren alle Informationen gleichzeitig sichtbar. In den vergangenen 150 Jahren haben sich filmische Mittel wie Bildkomposition, Kamerafahrten, Schnitt und Montagetechnik, Inszenierung, Special Effects / Bühne jedoch so weiter entwickelt, dass unser Blick auf das gerichtet wird, was in diesem Moment zum Verständnis der Story wichtig ist.

Screenshot vom FIlm Up mit einer Heatmap die Augenbewegungen zeigt

Die Heatmap einer Studie von Sean Redmond und Jodi Sita zeigt einen klaren Fokus auf  die Münder und Augen der Figuren Ellie und Carl. Das lässt den Schluss zu, dass Menschen oftmals nach ihnen bekannten Wahrnehmungsformen suchen – sie folgen der Mund- oder der Augenbewegung der Charaktere.

In der meisten Videokommunikation ist der Präsentierende von seinem Inhalt abgeschnitten. Somit wird die Aufmerksamkeit nur schwer bei den statisch präsentierten Folien gehalten, und wichtige Informationen werden nur teilweise oder gar nicht vermittelt. Hier kann die Videokommunikation noch vieles von der Filmindustrie lernen, die seit ihren Anfängen eine Evolution durchschritten hat, um die Wirksamkeit auf uns zu entfalten, die Filme heutzutage haben.

93 % der Teilnehmenden fühlen sich nach Videokonferenzen mental ausgelaugt, unkonzentriert und müde. Warum das so ist, und was Sie tun können, um Videokonferenzen spannender und unterhaltsamer zu machen, das erläutern wir in unserem White Paper “Videokommunikation im Geschäftsalltag – trivial, oder?”